30.01.2012

Zukunft für Wald-Michelbach

Programm 2011 als PDF

Zur Kommunalwahl am 27.März 2011

Zukunft für Wald-Michelbach

Das Wahlprogramm der FDP in Wald-Michelbach

Kommunalpolitik berührt die Bürger in ihrem Lebensbereichen unmittelbarer als Maßnahmen und Gesetze auf landes- und bundespolitischer Ebene, so z.B., wenn es um Verkehrswege, Kindergartenplätze oder Gewerbeansiedlung geht.

Praktizierte und lebendige, erfahrende Demokratie in der Gemeinde ist Voraussetzung für das Funktionieren gesamtstaatlicher Demokratie. Wir wenden uns gegen Desinteresse und Politikverdrossenheit.

Um dieser Fehlentwicklung entgegen zu wirken bedarf es auch einer Verbesserung der Bürgerbeteiligung in unserer Gemeinde. Wir fordern die regelmäßige jährliche Abhaltung einer Bürgerversammlung, wie sie in der Hessischen Gemeindeordnung vorgesehen ist.

Liberale Politik will die individuelle bürgerliche Freiheit und größtmögliche Selbstbestimmung des einzelnen, fordert aber die Bürger auch zu Mitwirkung und Mitverantwortung für ihre Gemeinde auf.

Deshalb: Wahlrecht ist auch demokratische Wahlpflicht! Wer nicht wählt, hat schon gewählt, nämlich die herrschende Partei.

Wir haben im Folgenden einige kommunalpolitische Schwerpunkte für unsere Arbeit in der neuen Gemeindevertretung dargestellt .

Ihre FDP Wald-Michelbach

I. Nachhaltigkeit auf allen Gebieten

1. Finanzen

Finanzpolitik mit Augenmaß

Keine Netto-Neuverschuldung

Rückführung des Haushaltsdefizits

Trotz der jahrelang praktizierten sparsamen Haushaltsführung klaffen die Einnahmen und die Ausgaben unserer Gemeinde in einem dramatischen Umfang auseinander. Dies wird deutlich an wenigen Zahlen. Die Gemeinde erhält lt. Plan für 2010 Schlüsselzuweisungen von 2.259.000Euro, denen allein für die Kreis- und Schulumlage ein Betrag von 4.996.000 Euro gegenübersteht. Insgesamt weist der Haushaltsplan 2010 nach Einrechnung aller weiteren Einnahmen und Ausgaben ein Defizit von 2.150.000 Euro auf; das sind rd. 14,3% aller Aufwendungen. Auch für 2011 liegt das Plandefizit noch bei über 1,5 Mill. Euro.

Die kommunale Selbstverwaltung ist damit zu einer Mängelverwaltung geworden.

Die Ursachen dafür sind nicht allein in der bekannten chronischen Finanzschwäche der Gemeinde selbst zu suchen (u.a. weniger Einnahmen an Gewerbesteuer und Einkommensteueranteilen durch die Coronet-Insolvenz, Rückgang der Einwohnerzahl), sondern ebenso der allgemeinen Finanzkrise geschuldet. Hinzu kommt die Aufgabenverlagerung von Bund und Land auf die Kommunen ohne ausreichende finanzielle Kompensation (sog. Konnexitätsprinzip).

Wir unterstützen weiterhin die vorsichtige Ausgabenpolitik der Gemeinde mit dem Ziel, ohne eine Netto-Neuverschuldung auszukommen und darüber hinaus das Haushaltsdefizit allmählich zurück zu führen. Investitionen sind künftig verstärkt auch unter dem Aspekt der Folgekosten zu betrachten.

Ohne nachhaltige Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs verlieren die Gemeinden jedoch ihre grundgesetzlich garantierte Handlungsfähigkeit.

2. Umwelt/ Energie

Jährlicher Umweltbericht

Weg vom Öl – klimafreundliche Energie

Umweltschutz berührt fast alle gemeindlichen Politikfelder: z.B. Wasser, Abwasser, Abfall, Entwicklungs- und Bauleitplanung, Verkehr, Straßenbau, Anlage und Pflege von Freiräumen, Friedhöfen, Sport- und Erholungsflächen.

Entscheidungen auf diesen Gebieten haben Auswirkungen auf die natürliche Umwelt und begründen auf im Rahmen der grundgesetzlich festgelegten Allzuständigkeit der Gemeinden ihre umweltrelevante Tätigkeit. Darüber hinaus obliegt den Kommunen die Durchführung gesetzlich geforderter Umweltmaßnahmen.

Ohne Kenntnis des Ist-Zustandes der Umweltverhältnisse in der Gemeinde lassen sich jedoch sinnvolle Planungen und Maßnahmen nicht durchführen, wobei sich in diesem Bereich eine interkommunale Zusammenarbeit, beispielsweise für die Überwaldregion, anbietet. Wir streben daher die Benennung eines Umweltbeauftragten an , der als Querschnittsaufgabe die Beschlüsse der Gemeinde deren Ausführung auf ihre Umweltverträglichkeit prüft. Die Gemeinde soll einen jährlichen Umweltbericht herausgeben, der Probleme, Zielstellungen und Maßnahmen im Umweltbereich darstellt.

Die Errichtung einer Heizanlage auf dem ehemaligen Coronet- Gelände mit Holzhackschnitzeln und einer Wärmeversorgung von Schulen , öffentlichen Gebäuden und Wohnhäusern ist ein richtiger Schritt zu einer klimaverträglichen Energiepolitik. Ziel der Gemeinde muss es sein, in den nächsten Jahren eine energetische Eigenversorgung anzustreben, z.B. durch Biogasanlagen, Kraft-Wärme-Kopplung, Pelletheizung, Wärmepumpen etc.

3. Infrastruktur/Verkehr

Überwaldbahn reaktivieren

Busverbindungen verbessern

Eine gut ausgebaute Infrastruktur ist Voraussetzung dafür, dass in unserer Gemeinde Arbeitsplätze entstehen, Lebensqualität gesichert und Zukunft gestaltet werden kann.

Wald-Michaelbach leidet hier unter einem dreifachen Manko:

a) Wir liegen relativ weit entfernt von den größeren Städten in der Metropolregion;

b) Die Topographie läßt nur kurvenreiche Straßen mit langen Fahrzeiten zu, hinzu treten winterliche Erschwernisse;

c) Die schnellstmögliche, sicherste und auch umweltverträglichste Verbindungsmöglichkeit- die Schiene- ist gekappt worden.

Die Faktoren wirken sich negativ auf das Gedeihen der Gemeinde aus, und das in mehrfacher Hinsicht. Die meisten Busverbindungen für Arbeits- und Schulpendler sind unattraktiv, ebenso für ältere Menschen ohne PKW (z.B. Besuch bei Fachärzten). Auch für gewerbliche Ansiedlungen könnte ein Bahnanschluß die Attraktivität der Gemeinde stärken; Gleiches gilt für den Tourismus.

Die FDP Wald-Michelbach setzt sich daher- wie bereits seit vielen Jahren- für die Wiederinbetriebnahme der Überwaldbahn ein. Zahlreiche Reaktivierungen von Nebenstrecken in ganz Deutschland zeigen, dass dies mit Erfolg möglich ist, wenn es politisch gewollt wird. Solange dies nicht erreicht werden kann, sind die Busverbindungen zu optimieren, auch nach Hirschhorn zum S-Bahn-Anschluß.

An der Kreuzung Kreidacher Höhe sollte alsbald der geplante Kreisverkehr mit Querungshilfen für Fußgänger realisiert werden.

II. Demographie

1. Den Wandel gestalten

Der generelle demographische Wandel ist auch in unserer Gemeinde nicht aufzuhalten. Aufgaben der Politik ist es, die Fakten zu analysieren, vorausschauende Strategien auszuarbeiten und die unvermeidliche und schon in Gang befindliche Schrumpfung der Einwohnerzahlen so zu steuern, dass eine lebensfähige Gemeinde erhalten werden kann.

Wir regen daher eine Veranstaltung zum Thema Demographie und ihrer Folgen in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung an (start-up-Veranstaltung, vertiefende Seminare, Arbeitskreise, Bürgerversammlung, Umsetzung von Ergebnissen durch Gemeindevertretung). In diesen Zusammenhang gehört auch die Sicherung und Verbesserung der (fach-)ärztlichen Versorgung.

Auch die Bauleitplanung hat den Rückgang an Einwohnern zu berücksichtigen. Es kann auf absehbare Zeit keine Ausweisung neuer Baugebiete mit ihren Folgekosten für Straßenbau, Erschließung etc. geben. Schon seit geraumer Zeit sind deutliche Leerstände an Wohn- und Geschäftshäusern sowie Mietwohnungen zu beklagen.

Deshalb als vorrangiges Ziel die Stabilisierung und Innenentwicklung des Ortskerns zu sehen, u.a. auch durch Schließung von Baulücken.

2. Lebensqualität für Jung und Alt sichern / Ehrenamt stärken

Den Vereinen in der Großgemeinde kommt für ihre vielfältigen Aktivitäten auf kulturellem, sozialem und sportlichen Gebiet ein hoher Stellenwert zu. Wir würdigen das große ehrenamtliche Engagement vieler Bürger, ob in Vereinen oder in anderer Form, nicht zuletzt für die umfangreiche Jugendarbeit. Wir unterstützen ebenso weiterhin die Einrichtung des Jugendtreffs.

Eine ähnlich große Rolle spielt das Ehrenamt auch für die Gruppe der älteren Menschen. Gemeinsames Ziel muss es sein, dass die Älteren möglichst lange selbständig und selbstbestimmt, ggf. mit der erforderlichen Unterstützung durch Mitbürger und soziale Dienste, in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben können. Diese Lebensform dürfte auch den Wünschen der meisten alten Menschen entsprechen. Die hierzu seitens der Gemeinde geplante Befragung wird aufzeigen, welche anderen Wohnformen im Alter noch favorisiert werden, z.B. betreutes Wohnen, Mehrgenerationenhaus und ähnliches.

III. Schulwesen

Schulstandort erhalten

Neue Wege

Die Erhaltung des Schulstandortes Wald-Michelbach mit dem Angebot aller Schulformen ist für die Gemeinde von eminenter Bedeutung. Allerdings ist in der Region Überwald ( zu der im Schulentwicklungsplan des Kreises neben Wald-Michelbach, Abtsteinach und Grasellenbach auch Gorxheimertal zählt), seit geraumer Ziet ein deutlicher Rückgang der Schülerzahlen zu beobachten, der z.T. der generellen Abnahme der Kinderzahl entspricht (demographischer Faktor), aber auch durch andere Faktoren verursacht wird.

Bei den Grundschulen hat die Zahl der Kinder von 1995 bis 2008 im Kreis Bergstraße um 14,7% abgenommen, in unserer Region jedoch um 30,2 %, so stark wie in keiner anderen. Im Schulentwicklungsplan wird bis 2015 ein weiterer Rückgang prognostiziert. Waren es 1995 1104 Schüler, so wird es 2015 nur noch 642 geben.

Bei aller Unsicherheit von Prognosen: Dieser Trend bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Entwicklung der Sekundarschule (Klasse 5-13 bzw. 12), besonders bei unseren weiterführenden Schulen, der Eugen- Bachmann- Schule (EBS) und dem Überwald- Gymnasium (ÜWG). Hier zeigt der Vergleich der Situation im Kreis mit der Region Überwald, dass wir von 1995 bis 2008 einen Rückgang der Schülerzahlen um 18,3%), nämlich von 1546 auf 1263, zu verzeichnen hatten, während in den übrigen Kreisregionen die Schülerzahl sogar um 12,4% gestiegen ist. Lt. Schulentwicklungsplan wird bei uns bis 2015 eine weitere Abnahme auf 883 Schüler erfolgen.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Abfallen der Schülerzahlen um 30% von 1995 (688 Sch.) bis 2009 (482 Sch.) sich ausschließlich auf den Hauptschulzweig der EBS beschränkt. Dieser Rückweg wird sich nach der Prognose bis 2015 fortsetzen (noch 333 Sch.), dann aber auch zeitverzögert das ÜWG erfassen (2009 539 Sch., 2015 365 Sch. ; das sind 32% weniger).

Beiden Schulen droht somit die Gefahr einer existenzbedrohenden Abwärtsspirale. Hervorzuheben ist jedoch, dass alle Zahlenprojektionen vom „Status quo“ ausgehen, dass mögliche Strukturänderungen oder andere politische Maßnahmen, wie die vom hessischen Kultusministerium wohl beabsichtigte Umwandlung der Haupt- und Realschulen zu einer neuen „Mittelstufenschule“ , nicht in die Berechnungen einbezogen wurden.

Die Gemeinde kann, da sie nicht Schulträger ist, die gesamte Schulentwicklung nur marginal beeinflussen. Wir begrüßen die enge Zusammenarbeit der Schulen untereinander und mit der Gemeinde sowie die Unterstützung der Gemeinde z.B. bei der Einrichtung des Medienzentrums, das so nicht nur von den Schulen, sondern gleichermaßen von der Bürgerschaft genutzt werden kann.

Die FDP schlägt darüber hinaus die Einrichtung eines sachorientierten Gesprächsforums „Schule“ vor, an dem sich Vertreter der gemeindlichen Gremien, Schulleiter und ( auch externe) Fachleute beteiligen sollten mit dem Ziel, das breite schulische Angebot in unserer Gemeinde attraktiv zu erhalten.

Wir wollen auf jeden Fall verhindern, dass Wald-Michelbach seine Funktion als vollwertiger Schulstandort einbüßt und betrachten die gegenwärtigen Entwicklungen nicht als „ demographisches Schicksal“ , sondern als politische Herausforderung und sind offen für neue Gedanken und neue Wege. Dabei könnte die Gestaltung des finnischen Schulwesens auch bei uns in manchen Aspekten beispielgebend sein.

IV. Gemeindepartnerschaft

Partner auch im Osten suchen

Die Gemeinde Wald-Michelbach unterhält seit Jahrzehnten partnerschaftliche Beziehungen zu zwei Gemeinden in westlichen Nachbarländern, die ehemals Kriegsgegner waren, Montmirail in Frankreich und Hassocks in Großbritannien.

Wir befürworten diese Partnerschaften und halten es für an der Zeit, eine solche Verbindung auch mit einer Gemeinde in unserem größten Nachbarland im Osten, nämlich Polen, anzustreben.

Das könnte eine ähnlich strukturierte Gemeinde im schlesischen Kreis Schweidnitz sein, mit dem der Kreis Bergstraße bereits eine Partnerschaft eingegangen ist.